Montag, 3. September 2012

Estan aqui para estudiar, no para viajar!


"Estan aqui para estudiar, no para viajar!" / "Ihr seid hier, um zu studieren, nicht um herumzureisen!", so die Originalworte unseres Spanischlehrers. Dieser kleine Mann, mit wenig didaktischem Talent und noch weniger Offenheit gegenüber Austauschstudenten, hat uns bereits in der ersten Stunde an Herz gelegt, uns zu "diszplinieren". In Chile sei die Uni strenger und schwieriger als wir es in den europäischen Ländern gewohnt seien. Mal davon abgesehen, dass diese Begrüßung nicht besonders freundlich rüberkam, hat der gute Mann schon ein wenig recht: an der Universidad de Talca ist das Studentenleben tatsächlich anders.



Der Campus ist tatsächlich ein richtiger, geschlossener, nett begrünter Campus.

Jede Fakultät, hier die meine, hat ihr eigenes kleines Häuschen. Daneben gibt es eine Bibliothek, ein Fitnesszetrum und Sportanlagen, ein größeres Haus für die Mensa, ein kleineres für ein Studentencafe, und eine Filiale der Bank Santander.

Diese Statue in Mitten des Kreisverkehrs wird "Papas fritas con ketchúp", also "Pommes mit Ketchup", genannt. Bei genauerem Hinsehen findet man den Hinweis, dass der Künstler mit dieser Statue Talca verewigen wollte.

Dieses Werk nennt sich "la vida cotidiana" / Alltag. Dieser gestaltet sich sehr entspannt, da ich nicht viele Kurse habe und vor allem nicht den Druck, etwas in Deutschland einbringen zu müssen (es lebe die Scheinfreiheit!). Ansonsten wärs schon etwas hart anfangs, weil ich für alles Studieren einfach doppelt so lange brauche wie in Deutschland. Die Dozenten verstehe ich mehr oder weniger gut, dankbar sind immer Powerpoints. Vorträge verstehe ich besser als Rollenspiele und dann hängts einfach von der Person ab, wie schnell und artikuliert sie spricht, wie viel ich mitbekomme. Es sind wenn dann meist weniger die Inhalte, die Probleme machen, sondern eher organisatorische Infos, z.B. in welchem Fach wann welche Art von Probe (auswendig Gelerntes runterschreiben, zu einer Frage frei produzieren, Widererkennen, MC,...) geschrieben wird. Auch gibt es neben den zweistündigen Kursen oft sogenannte Ayudantias mit studentischen Hilfskräften. Wann diese stattfinden, und dass sie Pflicht sind hatte ich am Anfang nicht mitgekriegt. Aber die Dozenten sind bis jetzt recht verständnisvoll.  

Hunde sind hier so selbstversätndlich wie überall sonst auch. Sie folgen einem auch gerne mal in die Kurse, wie hier meinen Kommilitoninnen aus Psychologie. Pro Jahrgang studieren hier weniger Studenten, ich würde mal schätzen 50. Als Ausländerin falle ich natürlich umso mehr auf.
 Einige Studenten sind extrem schüchtern und scheinen fast Angst davor zu haben, mit mir zu sprechen, andere aber auch offen und kontaktfreudig. Und dadurch, dass ich alle Kurse mit mehr oder weniger den selben Leuten habe, kenne ich inzwischen meine netten paar Pappenheimer. 
Dozenten kennen meist die Namen ihrer Studenten, auch weil die Lehre wie in der Schule interaktiver und aktiver ist. Zwischen den Powerpoint-Präsentationen gibt es regelmäßig Gruppenarbeit, Rollenspiele, kleine Aufgaben (die sogar abgegeben und kontrolliert werden!). Außerdem gibt es während des Semester regelmäßig "Proben" und "Arbeiten", in denen die Lektüre oder Wissen von Kriterien etc. abgefragt wird, oder ein Projekt im lokalen Radius durchgeführt wird - natürlich unter der Betreuung von dem entsprechenden Prof und einer studentischen Hilfskraft. 
Selbstständigkeit ist eindeutig nicht so groß geschrieben wie in Deutschland, dafür lernen die Chilenen kontinuierlicher. 
Bei dieser schulmäßigen, engmaschigen Betreuung fühl ich mich jedenfalls manchmal wieder 10 Jahre jünger.

Hat man im Erdgeschoss Unterricht, kommt mit recht großer Regelmäßigkeit ein Hund zu Besuch. Je nach Dozent wird er dann einfach ignoriert oder unter großem Zeit- und Kraftaufwand aus dem Raum verbannt. Hier im Bild der Hund im Kurs "Fundamentos de Psicoterapia". Ganz anders als in Deutschland ist nicht nur die schulmäßige Gestaltung des Unterrichts, sondern auch der Inhalt. Derzeit müssen wir Zuhause Texte von Rogers lesen, die dann immer mal wieder schriftlich angeprüft werden. Von Verhaltenstherapie werden wir hier nicht viel mitkriegen. Laut Kursplan geht es um humanistische und systemische Theorien. Studien scheinen hier gar nicht angesprochen zu werden. Die perfekte Ergänzung zum Kurrikulum in Dresden sozusagen. ;)

Das Beste an der Uni ist aber der botanische Garten, der hinter dem eigentlichen Campus liegt. Hier gibt es in einem großen Freilandgelände nicht nur Pflanzen aller Arten, sondern auch Tiere zu bestaunen. Neben Enten, Hühnern, Pfauen, Straußen, (Riesen-)Kaninchen, und anderem Kleingetier gibt es sogar Pferde, Ziegen und Lamas!

Der Park ist thematisch nach Kontinenten gegliedert und so groß, dass man da in den Freistunden gut spazieren oder im Frühling auch joggen gehen kann.

Es gibt fast keine Zäune, sondern vor allem natürliche Begrenzungen mit Steinen oder Wasser...

...Diese kann man aber immer bequem überqueren...

...und kommt den Lamas dann auch sehr nahe, wenn man will. Hier hat sich Perris, katalanischer Mit-Austauschsstudent, richtig nahe rangetraut und hatte Glück - die Lamas haben nicht losgespuckt. 

Und für den Heimweg von der Uni hab auch ich inzwischen ein Fahrrad. Danke an meinen hochgeschätzten Nachbarn Erick! Zu Fuß waren es auch nur in etwa 20 Minuten, mit Fahrrad machts aber noch mehr Spaß. Neben der Uni bleibt überigens auch noch ganz gut Zeit zum Reisen - im nächsten Post also vielleicht ein Ausflug zum Pazifik, nach Constitución.





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